Gähnen gilt als unhöflich, was vor allem daran liegt, dass es mit Müdigkeit in Verbindung gebracht wird. Dabei gähnen wir auch bei Anstrengung oder Stress. Es kann also nicht nur mit Schläfrigkeit zu tun haben.
Es beginnt mit einem tiefen Atemzug, der Mund öffnet sich und es entweicht ein tiefer Ausatemstoß. Manchmal wird ein herzhaftes Gähnen auch von Tränen begleitet. Einer gähnt, alle anderen gähnen mit. Stimmt das so und warum gähnen wir?
Dass Gähnen ansteckend ist, ist auf Spiegelneurone in unserem Gehirn zurück zu führen. Diese sorgen dafür, dass wir weinen, wenn jemand weint, dass wir lachen, wenn jemand lacht und dass wir Mitleid empfinden. Wenn wir uns gut in andere Menschen hineinversetzen können, sind wir tendenziell anfälliger für das Mitgähnen.
Nachweislich konnte auch festgestellt werden, dass Menschen mit einer niedrigen Sozialkompetenz weniger gähnen. So reagieren die Spiegelneurone von Psychopathen weniger empfindlich auf die Menschen in ihrer Umwelt. Das liegt vor allem an dem fehlenden Einfühlungsvermögen. Aber Achtung, das heißt nicht, dass jemand, der sich vom Gähnen anderer nicht anstecken lässt, automatisch ein Psychopath ist.
Die Theorie, dass Gähnen nur durch einsetzende Müdigkeit ausgelöst wird, ist mittlerweile überholt. Das liegt vor allem an der Erkenntnis, dass wir auch gähnen müssen, wenn wir Stress haben oder uns stark konzentrieren. Doch wenn es nicht mit Müdigkeit zu tun hat, woran liegt es dann, dass diese Reaktion ausgelöst wird?
Klar, durch eine tiefe Atmung wird dem Körper mehr Sauerstoff zugeführt. Doch Sauerstoffmangel ist nicht die Hauptursache für das Gähnen, vielmehr ist es ein positiver Nebeneffekt. So gähnen wir häufiger, wenn die Außentemperatur bei 20° liegt. Die Aufnahme von kühler, frischer Luft könnte also ein Grund sein. Denn nachweislich sinkt die Gähnfrequenz, wenn es sehr kalt oder warm ist. Warum ist der Körper an dieser Lufttemperatur interessiert?
Klingt komisch, soll aber so sein. Das tiefe Einatmen befördert viel frische Luft in unsere Atemwege. In Studien gähnten die Probanden vermehrt, wenn sich ihre Gehirntemperatur erhöhte. Forscher kamen daher zu dem Schluss, dass das Gähnen der Kühlung des Gehirns dient. Dieser Erklärungsansatz passt zu der Vermutung, dass gähnen uns wach und konzentriert halten soll. Durch die Kühlung des Gehirns sind wir „frisch im Kopf“ und regen unseren Körper zur vollen Aufmerksamkeit an. Ähnlich wie das Strecken des Körpers, dient das Gähnen somit der Erholung.
Eine abschließende und allgemeingültige Erklärung für das Phänomen des Gähnens konnte bislang jedoch noch nicht gefunden werden. Vielmehr begründen sich die Erklärungen in Theorien und kleinen Forschungsreihen. Ein Grund, warum das Gähnen nicht so weit erforscht ist, ist vermutlich die mangelnde Bedeutung für die Medizin.